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Die Ehre der höchsten Schachkrone
2. Das Match

Wir kamen angereist und nahmen Plätze,
Alle Steine sind schon auf dem Brett.
Die Fernsehjournalisten stürmen, hetzen,
Und knipsen, blenden uns von früh bis spät.

Mich zu verwirren wird es niemandem geraten,
Auch Fischer setzt mich nicht so einfach unter Druck.
Dass ich ein Laie bin – wider Erwarten –
Hat auch ein Plus – er kann nur schwer erraten
Womit ich mache meinen nächsten Zug.

Der Titelträger kriegte Weiß inzwischen.
Ich spiele dann wohl Schwarz... So oder so –
Er ist am Zug; D2 –D4 spielt Bobby Fischer,
Das kommt mir irgendwie bekannt vor... Gut... Soso...

Was mach ich jetzt? Ich bin schon dran... In Gottes Namen!
Man muss erwidern auf gut Glück frech und massiv.
Ich weiß, die besten Schachfiguren sind die Damen –
Sie ziehen vor- und rückwärts auf den G’raden,
Auch links und rechts, aber der Springer – springt nur schief.

Dank meinem Kumpel hab ich jetzt die Hoffnung –
Er hat gezeigt mir wie man schlägt und wie man zieht.
Ich hab im ersten Schreck bei der Eröffnung
Gespielt passabel `ne „geschlossene Partie“.

Ich pass gut auf! – er wird mich nicht verarschen –
Denk melancholisch an den Werkskantinenkoch...
Ach, wäre`s toll jetzt meine Bauern umzutauschen
Gegen paar Gläschen! – würde`s gleich glasklar im Kopf.

Fischer zielt mit einer Gabel in der Linken
Auf meine Dame, aber Hunger hab auch ich!
Ich würde sogar einen zwitschern, aber trinken
Während des ganzen diesen Matches darf man nicht.

Sie haben mich auf leeren Magen spielen lassen –
Hier gibt`s kaum Essen – Kaffe nur und noch Omelett.
Vor Hunger bin ich ganz verwirrt, kann mich nicht fassen,
Verwechsle Könige mit Assen
Und mit `nem Schachbrett – das Roulett.

Ich bin nicht abergläubisch, aber Leute sagen –
Man habe wohl beim ersten Mal fast immer Schwein...
Ich werde endlos ihn mit „ewigem Schach“ plagen,
Oder ich flüchte mich ins Patt von vornherein.

„Ganz ruhig! – denke ich – Nur nicht so eilig!“
Ich will schon schlagen – trotz Respekt und Sympathie.
Womit nun schlagen? Mit ’nem Turm wäre zu knallig,
Mit meiner Führungshand zum Kopf – ein bisschen peinlich –
Das ist doch erst die erste Matchpartie.

Meine indische Verteidigung macht Fischer
Zunichte. Das war Blumenfeld – Gambit.
Das erinnert mich schon irgendwie inzwischen
An den indisch-pakistanischen Konflikt.

Fischer treibt sein Spiel mit mir und drückt mich nieder,
Aber ein Mittel - sogar zwei! – habe ich noch:
Und wenn ich seh, das Matt ist nicht mehr zu verhindern,
Kann ich sofort mit einem Springhüftwurf erwidern,
Oder mit einem Springerzug ... schön auf den Kopf.

Ich bleib ein Optimist und bin nicht sauer,
Denn wenn man fleißig ist und wie ein Panzer stur,
Dann kann sich – in der Schachwelt – auch ein dummer Bauer
Verwandeln in die wichtige Figur.

Fischer wird nervös, ich seh das grade –
Er kann kaum sitzen, läuft herum, ihm schwillt der Kamm.
Er hat sogar schon ausgeführt lange Rochade...
Na klar, er fürchtet mich – ich kenn ja keine Gnade
Und stemm im Liegen 150 Kilogramm.

Ich bin friedfertiger Natur und gut erzogen,
Aber als Bobby Fischer plötzlich sagte: „Schach“,
Dann hab ich ruhig meine Jacke ausgezogen,
Die Ärmel hochgekrempelt: „Denk gut nach!“

Plötzlich wurde’s still im Saal. Mit strenger Kälte
Stand ich auf, und Bobby Fischer – ein Genie! –
Merkte meine Festigkeit und Härte
Und ohne jegliche Verzögerung erklärte,
Sich einverstanden mit Remis.

© Igor Golubev. Übersetzungen, Vortrag, 2001 -2012